Veröffentlicht von 21:26 Leid tragen und überwinden

Glaube und Medizin – Heilung – Teil 6

Gott ist mein Arzt! Warum geh ich dann noch zum Hausarzt? Gibt es medizinische Möglichkeiten, die ich als Christ nicht nutzen sollte? Kann ich als Christ Yoga machen? Viele Fragen, die das Spannungsfeld Glaube und Medizin berühren.

Heilung und Heilungsgebet

Ausgangslage

In Gemeinden können uns ganz unterschiedliche Verhältnisse zwischen Glaube und Medizin begegnen.

„Die Medizin ist direkte Konkurrenz zu einer Heilung durch Jesus. Wenn Gott möchte, dass ich gesund werde, macht er mich gesund, auch ohne Medizin. Gott wirkt (nur) im Gebet, in der Gemeinde, in Menschen die an Jesus glauben. Ärzte, die einem atheistischen Weltbild folgen, handeln widergöttlich.“

„Gott ist der Schöpfer der Natur. Heilungskräfte in der Natur kommen auch von Gott. Gott wirkt ebenso durch nicht gläubige Menschen. Christus ist Herr der ganzen Welt, auch über die Wissenschaft. Ich vertraue daher der Medizin.“

Heilung in der Kirchengeschichte

Katholisches Mittelalter und Reformation (400-1600)

Gott hat alles in der Hand. Krankheit geschieht mit seiner Einwilligung. Daher Fokus: mit der Krankheit leben. Krankheit als Erziehung Gottes / Weg Gottes mit dem Gläubigen. Eher Ergebung als Aufbegehren gegen die Krankheit. Frühkirchliche Krankensalbung wandelt sich zur Letzten Ölung. Zudem starke Trennung von Körper und Seele. Hauptsache Seele gesund. Körperliches Heil nicht so wichtig.

Luther: Krankheit kommt vom Teufel. Daher wieder mehr Zugang zum Heilungsgebet. Gegenüber Geistesgabe der Heilung skeptisch. Eher Zugang zu Naturheilmitteln, die von Gott gegeben sind.

Pietismus und Erweckungsbewegungen (ab 1600)

Evangelikale Bewegungen vereinzelt mit größerem Fokus auf Geistesgaben, so auch auf Heilung (Bengel, Zinzendorf, Spener, Blumhardt). Im Wesentlichen wurde der Schwerpunkt auf Rettung der Seele und Gottes Führung auch in der Krankheit aus Mittelalter und Reformation fortgesetzt.

Bruch von Medizin und Glaube

Das geistgewirkte Heilen durch Gebet tritt im Laufe der Kirchengeschichte in den Hintergrund. Geschichtlich fassbare Gründe:

  • Fokus auf Seelenheil, Vernachlässigung leiblichen Heils
  • Fokus auf Gottes Wirken im Leiden
  • Aufbruch des rationalistischen Denkens auch in der Heilkunde

Es kommt zum Bruch zwischen Medizin und Glaube. Die Medizin ist fortan für die Heilung des Körpers, die Kirche für die Heilung der Seele zuständig. 1883 kommt es in Deutschland zum Verbot des „vagabundierenden Heilens“. Zielt auf jede nicht naturwissenschaftliche Heilmethode. Erst seit 2004 ist Heilertätigkeit z.B. durch Handauflegen durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wieder erlaubt, sofern nicht beansprucht wird, die naturwissenschaftliche Medizin zu ersetzen.

Versöhnung von Medizin und Glaube

Seit dem 20. Jahrhundert entdeckt die Medizin vermehrt den Glauben als Ressource für Heilung. Insbesondere in den USA gibt es zahlreiche medizinische Studien über Spontanheilungen. Dennoch gibt es weiterhin Vorbehalte gegenüber der Heilungskraft des Glaubens. Aber auch Christen entdecken wieder den körperlichen Heilungsanspruch des christlichen Glaubens.

Es wächst die Dialogbereitschaft zwischen Medizin und Glauben, die sich immer weniger als Konkurrenten oder scharf abgegrenzte Zuständigkeiten betrachten, sondern immer mehr als zwei unterschiedliche Akteure auf einem gemeinsamen Weg des Heilens. Vision: Ora et Labora. Beten (Glauben) und Arbeiten (Naturkunde).

Glaube und Medizin in der Bibel

AT:

  • Gott ist Arzt (Ex 15,26)
  • Einsatz von Medizin im Vertrauen auf Gott (2 Kön 20,7; Jer 8,22)
  • Heilungshoffnung nicht an Gott vorbei (2 Kön 1,1-8; 2 Chr 16,12) Arzt kommt von Gott (Sir 38,1-2)

NT:

  • Positives Verhältnis zu Medizin (Lk 10,34; 1 Tim 5,23)
  • Positives Verhältnis zu Lukas, einem Arzt (Kol 4,14)

Glaube und Alternative Medizin/Heilverfahren

Biblische Grundlage

Gott ist der Schöpfer. Er wirkt durch die Zusammenhänge seiner Schöpfung. Dabei gibt es sichtbare Zusammenhänge (naturwissenschaftliche) und unsichtbare Zusammenhänge (geistliche) (Kol 1,15-20; 2,8; Eph 6,10ff.). Auf beiden Ebenen können Kräfte im Sinne Gottes wirken (Heilungsfördernde Medizin, Engel, Geist Gottes) oder widergöttlich wirken (krankmachende Medizin, Dämonen, Satan). Alle sichtbaren und unsichtbaren Zusammenhänge unterstehen der Macht Jesu. Jesus nutzt heilsame Kräfte und bindet dämonische Kräfte.

Wir sollen auf Jesus vertrauen, nicht auf die Mächte vertrauen (Röm 8,31f; 1 Kor 15,25-28; Mt 28,18). Wir brauchen sichtbare und unsichtbare Kräfte nicht fürchten, da wir zu Jesus gehören. Wir sollen uns aber auch nicht auf sie einlassen und uns von ihnen binden lassen.

Kriterien zur Einschätzung von Heilverfahren

  • Der weltanschauliche Rahmen
    • Ist der weltanschauliche Rahmen der Heilmethode kompatibel mit dem biblischen Welt- und Menschenbild? Lässt sich der Heilungsimpuls durch Gottes Wirken in der Schöpfung erklären? Heutige Heilverfahren lassen sich grob in fünf Grundrichtungen zusammenfassen. Naturwissenschaftlich: Rational begründete Verfahren, aufgrund erforschter Zusammenhänge (Ratio) oder eindeutiger Studienlage (Empirie).
  • Christlich-geistliches Heilungswirken
    • durch Gebet, Fürbitte, Salbung, Handauflegung etc. Die Wirkweise oder das Verfahren ist nicht weiter von belangen. Die Heilung wird Gottes Wirken zugeschrieben.
  • Nichtchristliches-geistliches Heilswirken:
    • durch Totenbeschwörung, Götterverehrung, Zauberei, Besprechen etc. Selbst bei detaillierten vorgeschriebenen Verfahren sind die tatsächlichen Wirkzusammenhänge nicht relevant. Im Fokus steht der Heilungserfolg.
  • Energetische Heilverfahren:
    • durch Übertragung von Energie und Information, je nach Ausrichtung materiell (warme Steine), psychisch (Wellness, Entspannung), soziale oder spirituelle (traditionelle-chinesisch) Ebene. Betonung von Zusammenhang von Ursache und direkter Wirkung.
  • Regulativmedizinische Heilverfahren:
    • Heilung durch Reize und Stimmulation (Akupunktur, Fußreflexzonenmassage)

Die Methode an sich

Lassen sich bestimmte Methoden der Heilverfahren vom weltanschaulichen Rahmen lösen? Bsp. Yoga – nicht als Weg der Selbsterlösung, aber als Entspannungsübung
Bsp. Behandlung eines atheistischen Arztes – Behandlung als Gottes Wirken

Eine ethische Bewertung

Auch dann wenn der Weltanschauliche Rahmen mit dem christlichen Glauben vereinbar ist, können persönliche christliche Werte gegen den Einsatz eines Verfahrens sprechen. (Schwangerschaftsabbruch, Sterbehilfe, massive Eingriffe in den Körper wie Chemotherapie, Organspende,…)

Einschätzung des Hilfesuchenden

Oftmals verorten Christen die Heilverfahren unterschiedlich ein. Entscheidend sind das Gewissen und die Position des Hilfesuchenden selbst bei der Einordnung.

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Last modified: 12. Juni 2021

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