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Die Gnade – Das Gute an der Guten Nachricht – Teil 2

Predigt von Antonio Israel aus der Reihe: Das gute der Guten Nachricht

Vertiefung

Jesus ist „für uns“ gestorben. Diese Formulierung verwendet Paulus sehr oft. Die Evangelien deuten den Tod Jesu, dass er zur „Vergebung der Sünden“ oder „zur Erlösung für viele“ ist. Aber was genau verändert sich durch den Tod Jesu? Wenn wir viele Texte ein zweites mal lesen, dürfte uns häufig auffallen, dass der Text es selten näher erläutert. Schnell ergänzen wir den Sinn mit dem gelernten Satz: „Gott ist gerecht. Er muss jemanden bestrafen. Jesus nimmt diese Strafe auf sich, damit wir verschont bleiben.“ Doch ist das immer das, was die Autoren der Bibel gemeint haben?

Schablonen aus dem Ersten Testament

Wir befassen uns mit Opferriten des Ersten Testaments, die im Neuen Testament als Schablone dienen für das Verständnis des Todes Jesu. Was Israel vertraut war, wurde zur Verstehenshilfe für Christen.

Passalamm

Gott rettet das Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten. Als die Ägypter Israel nicht gehen lassen wollen, kommt das Gericht Gottes über das ganze Land. Die Israeliten sollen Lämmer schlachten und das Blut an ihre Zelteingänge streichen. Wo das Blut angestrichen ist, wird das Gericht Gottes vorübergehen. (Ex 12,12-14)

  • Welche Funktion hat das Blut des Passahlamms?
  • Besteht eine Notwendigkeit, dass Gott Lammblut einsetzen lässt, um die Israeliten zu rettet, oder hätte es theoretisch andere Wege geben können?
  • Welche Parallele könnte betont werden, wenn Jesus mit dem Passalamm in Verbindung gebracht wird?

Bezüge in Joh 1,29, 1 Kor 5,7, Röm 10 oder 1 Petr 1,19. Johannes deutet den Zusammenhang zwischen Jesus und dem Passafest an, indem er Wert darauf legt, dass Jesus am Vortag des Passahfestes, 12 Uhr verurteilt wird. Genau die Zeit, in der auch die Passahlämmer im Tempel geschlachtet werden (Joh 19,14). Vgl. dazu Mk, Mt, LK: Jesus feiert an diesem Tag noch das Abendmahl mit seinen Jünger. Johannes berichtet dagegen nicht vom Abendmahl.

Bundesschlussritus

Gott schließt mit Israel einen Bund am Berg Sinai. In Ex 24 lesen wir von dem Ritus, durch den der Bund geschlossen wird. In Ex 24,8 werden die Vertreter des Volker mit Blut eines Opfertieres besprengt. Damit wird der Bund besiegelt.

  • Welche Funktion hat das Blut des Opfertieres?
  • Braucht Gott den Tod des Tieres, um den Bund mit Israel zu schließen?

Bezüge in den Abendmahlstexten Mt 26,26ff; Mk 14,22ff; Lk 22,15ff. und 1 Kor 11,22ff. Auch Hebr 7,22; 8,6ff..
„Dies ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.“ Mk 14,24
„So wurde Jesus für uns zum Bürgen eines neuen, besseren Bundes mit Gott.“ Hebr 7,22

Sündenbock

Jom Kippur, das Versöhnungsfest, ist das höchste der jüdischen Feste. Lev 3 beschreibt, dass nur an diesem Tag der Hohepriester das Allerheiligste des Tempels betreten darf, um vor Gott um die Vergebung der Sünden des Volkes zu bitten und die Vergebung zu empfangen. Für den Vergebungsritus werden zwei Tiere geopfert. Eines wird geschlachtet, um mit dem Blut den Tempel zu „reinigen“. Dem anderen Tier (dem sog. „Sündenbock“) werden die Sünden der Menschen aufgeladen. Dazu wird ihm die Hand aufgelegt, alle bekannten Sünden gehen auf das Tier über. Das Tier wird in die Wüste gejagt. Es nimmt alles mit, was die Menschen von Gott trennt und was die Menschen untereinander trennt.

  • Welche Funktion hat das Blut des einen Tieres? Welche Funktion hat der Sündenbock?
  • Wer braucht den in Lev 3 beschriebenen Ritus, Gott, um vergeben zu können?
  • Oder die Menschen, um die Vergebung annehmen zu können / um einander vergeben zu können?

Bezüge in Hebr 9,6-14; Hebr 13,12 oder 1 Petr 2,24.

Hebr 9,14: „[Er hat] sich selbst als makelloses Opfer für Gott dargebracht. So reinigt er unser Gewissen von den Werken, die dem Tod gleich kommen.“
Frage: „Er reinigt unser Gewissen“ – Wie könnte das gemeint sein?

Die Lehre Jesu von gnädigen Gott

Jesus erklärt das Wesen Gottes und lehrt von der Vergebung und Gnade, die Gott in seinem Handeln leitet. Aus welchem Beweggrund vergibt der Vater seinem Sohn (Lk 15) und der König dem Schalksknecht (Mt 18)?

Jesus stirbt. Gott vergibt.

  • Was von beidem ist das Huhn und was ist das Ei? Was ist die Ursache, was ist Wirkung?
  • Stirbt Jesus, damit Gott vergeben kann?
  • Oder entschließt sich Gott, zu vergeben und macht es durch den Tod Jesu für alle sichtbar? Was denkst du?

Gott, der eine Wiedergutmachung/Strafe braucht?

Obwohl wenige Texte dieses Bild von Gott stützen, hat sich dieser vermeintliche Mechanismus in den Köpfen und Herzen der Christen eingebrannt. Das hat Gründe.

In der römischen, wie auch in der germanischen Gesellschaft war das Lehnswesen weit verbreitet. Ein Lehnsherr verpflichtete sich, seine Vasallen vor Gefahren zu schützen. Die Vasallen versprachen Gehorsam gegenüber dem Herrn. Kam ein Vasall seinen Pflichten nicht nach oder verweigerte gar den Gehorsam, entehrte er denn Herrn und es kam zum Lehnsbruch. Der Vasall bekam vom Lehnsherr eine Strafe auferlegt, die seinem Ungehorsam ausgleichen sollte. Tat er dies nicht, was auch der Lehnsherr nicht mehr verpflichtet, den Vasall zu beschützen.

Dieses Lehnswesen nutzen Theologen und Missionare wie Anselm von Canterbury, um den Europäern das Verhältnis von Menschen und Gott zu erklären. Grundsätzlich eignete sich dieses Bild recht gut. Es war definitiv anschlussfähig an die Lebenswelt der Menschen. Die biblische Deutung, warum Jesus für uns sterben musste, wurde jedoch ziemlich strapaziert und verengt. Gott verlange wie ein Lehnsherr eine Wiedergutmachung bzw. Strafe, damit das Lehnsverhältnis wieder heil werden kann. Jesus übernimmt diese Strafe für uns Menschen. Diese Deutung ist bis heute unsere Brille, die die Deutung von Bibeltexten dominiert.

Deutungstest

  • Wie verstehst du diesen Text mit dem Mechanismus des Lehnswesens als Brille?
  • Wie verstehst du diesen Text mit der Brille biblischer Opferriten? Welchem biblischen Ritus ist der Text nahe?

1 Thess 5,9
Denn Gott hat uns nicht für den Zorn und das Gericht bestimmt, sondern zur Rettung durch unseren Herrn Jesus Christus.

1 Kor 15,3
Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift;

Röm 3,24-25
Umsonst werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus. Ihn hat Gott aufgerichtet als Sühnemal – wirksam durch Glauben – in seinem Blut, zum Erweis seiner Gerechtigkeit durch die Vergebung der Sünden,

2 Kor 5,19.
Wie denn Gott in Christus war, und die Welt mit sich selbst versöhnte, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnete und in uns das Wort von der Versöhnung gelegt hat.

Anschlussfähigkeit heute?

Den Bezug zum Lehnswesen stellten die Theologen und Kirchenleiter her, weil er zu ihrer Zeit leicht verständlich für die Menschen war. Heute fällt es Menschen zunehmend schwerer, einen Zugang zu diesem Erklärungsmuster zu finden.

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Last modified: 11. Juni 2021

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